Hey Ihr frischgebackenen Eltern - verwöhnt Euer Baby ruhig!
Wenn ein Säugling weint, fragen sich Eltern häufig, ob sie das Baby beruhigen oder es sich selbst beruhigen lassen sollen. Wenn sie auf jedes Schluchzen reagieren, wird das Baby dann nicht noch mehr weinen? Verwöhnt man das Baby damit nicht? Dieses allgemeine Fragezeichen hören wir auch in unseren Dunstan Eltern-Workshops immer wieder aus unsicheren Fragen heraus.
Als Professorin für Kindesentwicklung und Familienwissenschaft an der Universität von West Virginia hörte auch Amy Root diese Fragen sehr oft. Die Vorstellung, ein Baby zu verwöhnen, ist nicht nur bei ihr in den USA, sondern auch hierzulande nach wie vor weit verbreitet. Und dass, obwohl es längst erwiesen ist, dass Säuglinge, deren Eltern verlässlich auf ihre Bedürfnisse eingehen, sich später im Leben besser selbst beruhigen können. So erleben wir es auch bei der Dunstan Babysprache und den Kindern, die wir von Anfang an mit dieser Methode begleiten durften.
Dennoch befassen sich Entwicklungsforscher seit Jahrzehnten mit der Emotionsregulation bei Kindern und der Bindung zwischen Bezugsperson und Kind. Was ist nun besser: ein weinendes Baby zu trösten oder es lernen zu lassen, sich selbst zu beruhigen? So erklärt es Prof. Amy Root:
Emotionsregulation im Säuglingsalter
„Säuglinge werden mit einer bemerkenswerten Anzahl von Fähigkeiten geboren. Die Forschung zeigt, dass Babys viel mehr über ihre Umwelt zu wissen scheinen, als bisher angenommen. So verfügen Säuglinge beispielsweise über ein Verständnis für Zahlen, Objektbeständigkeit und sogar Moral.“ Spannend, oder?
„Die Fähigkeiten von Säuglingen sind jedoch noch nicht ausgereift. Sie sind auf ihre Bezugspersonen angewiesen, um diese Fähigkeiten zu verfeinern, ähnlich wie andere junge Säugetiere.“
Eine Sache, die Neugeborene noch nicht können, ist die Regulierung ihrer eigenen Notlage - egal, ob diese Notlage durch Kälte, Hunger, Schmerzen oder andere Unannehmlichkeiten entsteht. Diese Fähigkeit entwickelt sich erst im Alter von etwa 4 Monaten. Säuglinge brauchen also die Hilfe ihrer Eltern, um sich zu beruhigen. Und hier setzen unsere Kurse an: durch die Dunstan Reflexlaute sagen alle Babys bis 4 Monate (und teilweise deutlich darüber hinaus) ganz spezifisch, wobei sie Deine Hilfe brauchen – Hungergefühl, Müdigkeit, ein drückendes Bäuerchen, Bauchweh oder zum Beispiel eine volle Windel. Diese Laute werden durch angeborene Körperreflexe ausgelöst, so dass sie weltweit einheitlich sind.
Da das Weinen eines der ersten Mittel ist, mit dem Säuglinge ihre Bedürfnisse gegenüber ihren Bezugspersonen und anderen mitteilen, ist es für die Bindung zwischen Säugling und Eltern unerlässlich, dass die Bezugspersonen auf das Weinen des Babys reagieren und von Anfang an Unterschiede heraushören lernen. Der Vorteil der Dunstan Babysprache ist es, sogar schon in der Vorschreiphase sanft und liebevoll reagieren zu können, bevor das Kind ins Weinen oder gar Schreien gleitet.
„Darüber hinaus hat die Forschung der letzten Jahre gezeigt, dass das Weinen von Säuglingen bei anderen Menschen ein offensichtliches psychologisches Bedürfnis auslöst, ihre Not zu lindern,“ so Amy Root. Diesem Hilferuf kann sich niemand entziehen. Die Natur hat das clever einrichtet. Erwirkt wie ein Alarmignal. Glücklicherweise sind Eltern biologisch darauf vorbereitet, sich um ihre Kleinkinder zu kümmern. Forschungen an Tieren und Menschen haben gezeigt, dass es Hormone gibt, die die Fürsorge steuern.
Das Schreien von Säuglingen erfüllt also einen grundlegenden Zweck sowohl für das Kind als auch für die Personen in seinem Umfeld.
„Entscheidend ist, dass Säuglinge durch das Eingehen der Bezugspersonen auch lernen, wie es sich anfühlt, sich zu beruhigen. Dieses Gefühl ähnelt den inneren Veränderungen, die Erwachsene und ältere Kinder spüren, wenn sie ihre Emotionen regulieren - das heißt, ihr Herzschlag verlangsamt sich und sie fühlen sich wohl. Durch diese wiederholte Erfahrung erwerben Babys neue Lebenskompetenzen und sind mit zunehmendem Alter besser in der Lage, ihre eigenen Gefühle und ihr Verhalten zu regulieren.“
Ganz oft bedeutet für die Kleinsten, sich selbst zu beruhigen, dass sie saugen dürfen - an einem Schnuller, Finger oder einer Faust. Dabei äußern sie auch den klassischen Dunstan-Laut für Hunger oder Beruhigungssaugen.
Mit jedem Beruhigen und liebevollen Zuwenden unterstützt Du Dein Kind auf seinem Weg zur Selbstregulation – eine wertvolle Investition für seine Zukunft. Später im Leben entwickeln sich diese grundlegenden Beruhigungsfähigkeiten, die von klein auf als Reaktion auf die elterliche Fürsorge erlernt wurden, zur Regulierung in Notlagen zu Gewohnheiten, wie sie eher für Erwachsene typisch sind, wie z.B. das Zählen bis 10 oder das tiefe Durchatmen.
Letzteres kannst Du Dir natürlich auch immer dann zunutze machen, wenn Dein Baby zu Weinen beginnt. Dreimal tiefes Ein- und Austamen in den Unterbauch hilft Dir, Dich und Dein Nervensystem zu beruhigen, um im Moment anzukommen, um bewusst bei Dir und dem Kind zu sein und ihm besser zuhören zu können mit all Deinen Sinnen und Deiner vollen Aufmerksamkeit. So findest Du rascher und gelassener heraus, was es braucht und wie Du ihm zielgerichtet helfen kannst.
Bindung zwischen Betreuungsperson und Baby
„Die elterliche Reaktion auf das Schreien des Säuglings wirkt sich auch auf die Beziehung zwischen Säugling und Betreuungsperson aus,“ so erzählt Prof Amy Root weiter. „Die Bezugspersonen vermitteln dem Säugling die ersten Informationen über die Vorhersehbarkeit der sozialen Welt, die Vertrauenswürdigkeit anderer Personen und den eigenen Selbstwert.
Damit wird der Grundstein für die Qualität der lebenslangen Beziehung zwischen Bezugsperson und Kind gelegt. Wenn Säuglinge in Zeiten der Not getröstet werden, lernen sie, dass ihre Bezugsperson vertrauenswürdig und zuverlässig ist.“ Ihr Urvertrauen kann dann wachsen. Sie lernen auch, dass sie einer fürsorglichen, liebevollen Beziehung würdig sind, was sich positiv auf ihre zukünftigen Beziehungen auswirkt.
Eine Reihe von gut dokumentierten Studienergebnissen zeigen zudem, dass das Eingehen auf die kindlichen Bedürfnisse durch die Eltern bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen in engem Zusammenhang steht mit ihren kognitiven Funktionen, ihrer Sprachentwicklung, ihrem Selbstwertgefühl und ihrer zukünftigen Sensibilität für die Bedürfnisse von Kindern.
„Das Fehlen einer aufmerksamen Bezugsperson hingegen wird häufig mit späteren Verhaltensschwierigkeiten und Entwicklungsproblemen in Verbindung gebracht. Studien, so Root, zeigen, dass vernachlässigte Kinder Schwierigkeiten haben, Bindungen zu Gleichaltrigen aufzubauen und mit Ablehnung umzugehen.“
Also nur zu, verwöhne Dein Baby!
Amy Roots Rat, der sich auf die wissenschaftliche Literatur stützt, ist, dass Eltern bis zum Alter von mindestens 6 Monaten unverzüglich und konsequent auf das Schreien von Säuglingen reagieren sollten.
Hilfestellung, um rasch zur Ursache des Weinens und zur Linderung zu kommen, gibt Dir das Wissen zu den Grundbedürfnislauten, welche Du im Dunstan Workshop oder Dunstan Babysprache Online-Kurs vermittelt bekommst – egal ob als werdende bzw. frischgebackene Eltern, Großeltern oder als Fachperson.
Wie auch immer man es also betrachtet, auf jeden Schrei eines Säuglings zu reagieren, bedeutet nicht, das Baby zu "verwöhnen". Vielmehr vermittelt das Beruhigen eines weinenden Neugeborenen dem Kind das Rüstzeug, mit dem es sich in Zukunft selbst beruhigen kann.
Lest den Originalartikel von Dr Amy Root, Professorin für Angewandte Humanwissenschaften an der West Virginia Universität, deren Erkenntnisse wir hier für Euch zusammengefasst haben, auf: https://theconversation.com/hey-new-parents-go-ahead-and-spoil-that-baby-189614